Für das Album der Ehrendoktoren der Universität Zürich verfasste Meinrad Inglin 1948 diesen kurzen Lebenslauf:
Mein Vater war Uhrmacher, meine Mutter stammte aus den Hotelierkreisen der Eberle vom Axenstein. Ich wurde als der ältere von zwei Söhnen am 28. Juli 1893 in Schwyz geboren. Dort besuchte ich die Primarschule, dann nacheinander die kaufmännische und die technische Abteilung am Kollegium "Maria Hilf". In meinem dreizehnten Jahre verlor ich den Vater, der, ein leidenschaftlicher Jäger und Bergsteiger, in den Glarner Alpen tödlich abstürzte. Drei Jahre später starb mir die Mutter. Die beiden Schläge trafen mich tief und nachhaltig.

Als vierzehnjähriger Realschüler beschloss ich, Schriftsteller zu werden, begann auch gleich zu schreiben und sah zu meinem Glück und Unglück schon eine meiner ersten Erzählungen in der Lokalzeitung abgedruckt. Meine Erzieher erklärten dagegen, ich müsse einen rechten bürgerlichen Beruf erlernen, was ich nun jahrelang notgedrungen versuchte, ohne einen Augenblick auf meinen Entschluss zu verzichten. Ich ging zu einem Uhrmacher in die Lehre, kehrte in die Realschule zurück, besuchte die Hotelfachschule in Luzern, war Saalkellner im Caux Palace bei Montreux und im Hotel Beau-Rivage in Luzern, flüchtete zu einem mir wohlgesinnten Professor nach Schwyz, verschlang unter seiner Leitung in sechs Wochen den Stoff von zwei Gymnasialjahren und wurde am Kollegium in die dritte Klasse des Gymnasiums aufgenommen. Ich konnte nur in den humanistischen Fächern Schritt halten, versagte in der Mathematik völlig und versuchte nach zwei Jahren kurzweg, mich ohne Maturitätszeugnis an einer Universität immatrikulieren zu lassen. Das gelang mir zunächst in Neuenburg, dann in Genf, und mit dem Genfer Certificat d'exmatriculation gelang es auch in Bern. Ich studierte vor allem deutsche, französische und englische Literaturgeschichte, Philosophie, Psychologie und Kunstgeschichte. Am meisten gewann ich in Bern bei den Vorlesungen Paul Häberlins über Psychologie.

Dieses Studium musste ich zeitweilig unterbrechen und schliesslich abbrechen, um Militärdienst zu leisten und meinen Unterhalt zu verdienen. Ich arbeitete als Volontär auf einer Redaktion in Bern, dann, mit zunehmendem Widerwillen gegen den Journalismus, als Redaktor an einer Tageszeitung in Zürich. Der Militärdienst als Offizier und Zugführer bei der Infanterie, bis heute zusammengerechnet nahezu vier Jahre, war für mich besonders während der Grenzbesetzung 1914 -1918 von starker erzieherischer Wirkung. Ein längerer Aufenthalt in Berlin förderte mich in mancher Beziehung.

Nach fast ununterbrochenen, mehr oder weniger erfolglosen schriftstellerischen Bemühungen erschien 1922 mein erstes Buch. Von diesem Jahre an blieb ich mit wechselnden äusseren Erfolgen, immer ohne genügendes Einkommen, unter einigen Entbehrungen, aber mit gutem Gewissen ausschliesslich bei der Arbeit, die ich als die mir aufgetragene empfand. Zu der stillen Rechtfertigung dieses Daseins vor mir selber kam 1948 die öffentliche meines Werkes durch die Verleihung des grossen Schillerpreises der Schweizerischen Schillerstiftung und die Promotion zum Ehrendoktor der Universität Zürich.

Die Jahre bis zu seinem Tod 1971 verbrachte Meinrad Inglin weiterhin schreibend in Schwyz, das er seit der Flucht nach dem Skandal um "Ingoldau" 1922 nie mehr für längere Zeit verlassen hatte; zunehmend wurde er auch an seinem Heimatort anerkannt, war aber zum Überleben nach wie vor auf den Verdienst seiner Frau Bettina aus Violinstunden angewiesen. Ihren Tod - nach dreissigjähriger Ehe und einem halben Jahrhundert partnerschaftlicher Verbundenheit - hat er nur um zwei Jahre überlebt.

Leider kann diese Noframes-Version weder Zitate noch Bilder zeigen; immerhin ist eine knappe Zeittafel zugäglich, und es gibt auch einige bibliographische Angaben. Und Sie können natürlich auch am Wettbewerb teilnehmen.
Das Gesamtwerk Inglins ist beim Zürcher Ammann Verlag erschienen; dort und bei der Inglin-Stiftung können Sie weitere Ausküfte bekommen. Der literarische Nachlass des Dichters wird in der Kantonsbibliothek Schwyz aufbewahrt.